Erasmus+ Projekt „Listen to my story – European History on school radio“
Als Abschluss unseres intensiven Erasmusjahres hat sich das Schulradioteam noch einmal auf Tour begeben. 11 Schüler*innen aus den Jahrgangsstufen 8 – 10 haben sich gemeinsam mit Frau Hoff und Herrn Burghartswieser auf den Weg nach Nürnberg gemacht, um dort noch einmal gemeinsam tief in die Geschichte einzutauchen. Die Fahrt mit dem ICE ging so schnell, dass wir nach einem kurzen Gepäckablagestopp im Hotel schon mittags eine kleine Runde durch die Nürnberger Altstadt drehen konnten und dort die ersten Bratwürstl und ein Eis genossen. Schon bei dieser ersten Besichtigung erfuhren wir, dass die wunderschönen mittelalterlichen Gebäude der Stadt eigentlich überwiegend nachgebaut sind, da 90 % der Altstadt im 2. Weltkrieg durch Fliegerangriffe zerstört wurde. Und so waren wir schon am ersten Tag, bevor wir uns überhaupt mit den Nürnberger Gesetzen, dem Reichparteitagsgelände und den Nürnberger Prozessen beschäftigt hatten, mitten in unserem Geschichtsthema „Zeit des Nationalsozialismus“ angelangt. Trotzdem wollten wir auch etwas von der mittelalterlichen Geschichte kennenlernen und so besuchten wir als erstes das Dürer-Haus, in dem der berühmte Künstler Albrecht Dürer in der Renaissance (15./16. Jahrhundert) lebte und arbeitete. Danach waren wir alle von der Hitze so geschafft, dass wir vor dem Abendessen erstmal für eine erfrischende Dusche ins Hotel fuhren. Im letzten Abendlicht haben wir dann noch die „Straße der Menschenrechte“ besichtigt. Dort stehen in einer lange Reihe viele Säulen, auf denen jeweils ein Menschenrecht auf Deutsch und in einer anderen Sprache zu lesen ist. Ein beeindruckendes Kunstwerk!
Unsere Hotelzimmer waren leider sehr heiß, so dass der Zustand des „Frischgeduschtseins“ immer nur sehr kurz anhielt. Umso mehr freuten wir uns auf unsere Führung durch die berühmten Keller der Nürnberger Altstadt. Nach einem kurzen Abstecher auf die Burg ging es hinab in das unterirdische System an Gewölben und Gängen. Wir erfuhren, dass diese Keller ursprünglich für die Lagerung von Bier angelegt wurden, später dann aber vielen Menschen das Leben retteten, als Nürnberg vor allem am Ende des Krieges stark bombardiert wurde und die Nürnberger diese Keller als Bunker benutzten. Die Stadtführerin erzählte auch viel über die Geologie (Sandstein) der Gegend und viele Interessantes aus dem Mittelalter. Leider konnten wir die Kühle nicht mitnehmen und so wurde der zweite Teil des Tages eine wirklich sehr heiße und durstige Angelegenheit. Mit der Straßenbahn fuhren wir zum Dokuzentrum des ehemaligen Reichparteitagsgelände und überstanden dort tapfer eine dreistündige Tour durchs ganze riesige Gelände. Für die Nationalsozialisten, insbesondere Hitler selbst, war Nürnberg neben Berlin und München die wichtigste Stadt. Mit ihrem Mittelaltercharakter war die alte Kaiser- und Reichsstadt sozusagen die „deutscheste aller deutschen Städte“. Daher wurden dort die riesigen Reichsparteitage, also die jährlichen Versammlungen aller NS-Organisationen, abgehalten. Hierfür plante Hitler und sein Architekt Albert Speer unglaublich monumentale Gebäude, wie eine riesige Kongresshallen oder ein Stadium für über 400 000 Zuschauer, von denen zwar die meisten nicht fertig gestellt oder gar nicht begonnen wurden, weil mit Kriegsbeginn die Bauarbeiten stoppten, von denen man aber genug sah, dass man ahnen konnte, wie größenwahnsinnig dieses Pläne waren. Auf der Tour nutzen wir jeden noch so kleine Schatten, trotzdem waren wir am Ende wirklich alle am Ende. Daher ging es danach fast direkt in ein schattiges Freibad, um wieder etwas abzukühlen. Mit leckerer Pizza und selbstgemachter Limonade endete ein anstrengender, aber sehr interessanter Tag.
Am Mittwoch hieß es früh aufstehen und schnell zum Bahnhof kommen, um mit Zug und Bus nach Flossenbürg, ein kleinen Ort in der Oberpfalz nahe der tschechischen Grenze, zu fahren. Vor vier Jahren lernte das damalige Schulradioteam Herrn Skriebeleit, den Leiter der Gedenkstätte Flossenbürg, bei einer gemeinsamen Radiosendung im BR kennen. Nun konnten wir endlich die Einladung annehmen und bekamen dort eine sehr interessante und bewegende Führung. Herr Rittner, ein sehr engagierter und einfühlsamer Mitarbeiter, ging auf alle unsere Fragen ein – wir hatten natürlich das Aufnahmegerät dabei -, interessierte sich auch sehr für uns als Radiogruppe und brachte uns die Geschichte des Lagers sehr anschaulich nahe. Wir waren uns alle einig, dass war die beste Führung, die wir je hatten. Besonders eindrucksvoll war, dass das Lagergelände zum Teil von ehemaligen Flüchtlingen nach dem Krieg besiedelt wurde und sich heute viele Einfamilienhäuser auf einem Geländeteil befinden. Das hat uns sehr an die Geschichte des Haidholzener Außenlager erinnert, das ja auch nach dem Krieg als Flüchtlingsunterkunft genutzt wurde. Die damaligen Zwangsarbeiter im KZ Flossenbürg arbeiteten in einem Steinbruch und das Lager wurde extra für den Granitabbau gegründet, der wiederum dem Bau des Stadiums auf dem Reichsparteigelände dienen sollte. Gut, dass wir uns dies am Vortag mit eigenen Augen gesehen hatten. Nach dem ausführlichen Rundgang wartetet dann noch ein schöner Abschluss auf uns. Im dortigen Museumscafé, das inklusiv mit einem gemischten Team aus behinderten und nicht-behinderten Menschen geführt wird, wartete man schon mit liebevolle gekochte Mittagsgerichten auf uns. Nach dem anschließenden Besuch des Gedenkstättenmuseums, wo wir viele Zeitdokumente und Fotos zu den Arbeits- und Lebensbedingungen im Lager sehen konnten, ging es zurück nach Nürnberg.
An unserem letzten Tag beschlossen wir den Nürnberger Tiergarten zu besuchen und genossen es in Kleingruppen unterwegs zu sein. Aus Tierschutzgründen war dieser Ausflug nicht ganz unumstritten, aber die demokratische Entscheidung haben dann alle mitgetragen. Trotzdem war es ein guter Anlass, um über Fragen der Tierhaltung zu diskutierten und die Gehege uns ganz genau anzusehen.
Zum Schluss kann ich jetzt einfach nur ein riesiges Kompliment an die ganze Gruppe geben: Ihr wart ein wunderbar interessiertes und lebendiges Team, man konnte sich auf euch verlassen und es hat viel Freude gemacht, zu erleben, mit wieviel Wertschätzung und gutem Miteinander ihr unterwegs wart. Es liegt ein tolles Radiojahr hinter uns. Danke an alle Radiomitglieder, die uns jetzt verlassen, für ihre engagierte Arbeit und ein herzliches Willkommen an alle, die neu dazugekommen sind!
Und für alle unsere Hörer, die sich wundern, warum wir so lange nichts gesendet haben, obwohl doch so viele Sendungen entstanden sind, gibt es noch eine kleine Erklärung: die Mehrheit des Teams war jetzt sehr lange im Abschlussprüfungsstress und jetzt aktuell sind viele Klassen nicht im Haus sind, und daher haben wir beschlossen, dass wir mit den Sendungen erst zu Schuljahresbeginn starten. Dann werden wir auch alle interessierten Klassen mit unserer Erasmus-Präsentation besuchen, denn es gibt ja noch so viel zu erzählen…
M. Hoff