Der Klassenrat – Demokratie in der Praxis lernen –

Die Prinzipien der Demokratie kennen, sie im Alltag respektieren und für ihre Umsetzung einstehen.“ Das ist der Wortlaut eines der Ziele der unesco-projekt-schulen. Kurz gesagt: „Erziehung der Schüler zur Demokratie“.

Nun wird dies in aktiver Form in vielen Klassen zu Beginn des Schuljahres, bei der Klassensprecherwahl betrieben. Das restliche Schuljahr über tritt das demokratische Prinzip der Partizipation meist in den Hintergrund. Doch gerade so abstrakte Begriffe wie Demokratie muss Schülern in erster Linie auf praktische Weise vermittelt werden. Darüberhinaus sollte im Klassenzimmer grundsätzlich nicht die Alleinherrschaft oder das Diktat des Lehrers gelten.

Eine Möglichkeit demokratische Prinzipien regelmäßig in den Schulalltag zu integrieren ist der Klassenrat. Dieser wird in immer mehr Klassenzimmern praktiziert, so u.a. auch in der Klasse 6b der Otfried-Preußler-Schule.

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Wie sieht der Klassenrat nun in der Praxis aus? Die Schüler der Klasse 6b haben die Schulwoche über Zeit, sich Gedanken zu machen, welche Themen sie gerne mit dem Rest der Klasse besprechen würden. Der Klassenrat ist somit eine Art Forum für Vorschläge, Ideen und Wünsche, Probleme, Konflikte und Lösungen, sowie Lob und positive Erfahrungen. Ausgeschlossen sind Themen, die gegen die Schulordnung oder Klassenregeln verstoßen.

Ihre Anliegen notieren die Schüler im Lauf der Woche auf Zetteln (grundsätzlich nicht anonym) und werfen diese in den Klassenrat-Briefkasten.

Am Freitag wird dann geschaut, ob der Briefkasten gefüllt ist, es also Themen zu besprechen gibt. Die Schüler formen einen Sitzkreis und bekommen eine Schulstunde Zeit ihre Anliegen vorzubringen und zu diskutieren.

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Damit dies in geregelten Bahnen abläuft, werden bei jedem Klassenrat Ämter zugeteilt. Es gibt einen Vorsitzenden, welcher den Klassenrat leitet. Die Anliegen und Beschlüsse werden vom Protokollant notiert. So kann bei der nächsten Sitzung überprüft werden, ob Beschlüsse auch eingehalten wurden. Der Regelwächter achtet darauf, dass sich die Schüler an die aufgestellten Gesprächs-/Benimmregeln halten und der Zeitwächter schließlich überblickt den Zeitrahmen, damit alle Anliegen besprochen werden können. Der Rest der Klasse stellt die Ratsmitglieder, die ihre Anliegen und Meinungen vorbringen. Jede Woche werden die Ämter neu vergeben. So lernen die Schüler z.B. wie es ist, als Vorsitzender die Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen oder wie schwer es der Regelwächter hat, darauf zu achten, dass die Sitzung geordnet abläuft.

Das besondere am Klassenrat ist nun, dass die Lehrkraft sich soweit möglich zurücknimmt und den Schülern sozusagen das Feld überlässt. Nur hin und wieder, wenn nötig, muss helfend und unterstützend „eingegriffen“ werden.

Wie läuft die Sitzung nun ab? Nach einer kurzen Begrüßung durch den Vorsitzenden wird zunächst überprüft, ob bereits getroffene Beschlüsse umgesetzt wurden. Anschließend wird die Reihenfolge der neuen Anliegen nach Dringlichkeit durch Abstimmung festgelegt. Sie werden erörtert und entsprechende Beschlüsse gefasst. Zum Schluss werden die Beschlüsse vom Protokollant verlesen. Dann beendet der Vorsitzende den Klassenrat.

 

Aus der Klasse 6b kann berichtet werden, dass die Rückmeldungen der Schüler zum Klassenrat durchweg positiv sind. Sie nehmen die Möglichkeit, den Klassenrat abzuhalten, regelmäßig wahr. Somit sind sie auf dem richtigen Weg, Rechte aber auch Pflichten der demokratischen Gesellschaft, in der sie leben, in dem ihnen möglichen Rahmen zu erkennen und umzusetzen.

 

Auch das Feedback der Eltern ist größtenteils positiv. Doch gibt es hier sicher noch den ein oder anderen Zweifler, der sich fragt, welche pädagogischen Koryphäen sich das ausgedacht haben. Hinterfragend, ob Schüler tatsächlich im Stande sind ohne Zutun der Lehrkraft Entscheidungen zu fällen.

Tatsächlich ist der Klassenrat ein Konzept der Demokratiepädagogik und sicher bedarf es einiger Zeit, vielleicht auch mehrerer Anläufe bis die Schüler das „Instrument Klassenrat“ tatsächlich selbstständig und mit dem Resultat sinnvoller Beschlüsse durchführen können. Ist diese „Hürde“ aber genommen, sitzen vor der Lehrkraft Schüler, die nicht nur gelernt haben, was demokratisches Handeln bedeutet, sondern dieses auch umsetzten können. Demokratieerziehung durch Herz (Emotionen), Kopf (Verstehen) und Hand (Praxis).

Ein erster Einstieg zum mündigen Bürger!

S. Landendinger