Wie schon vor zwei Jahren hat sich unser Schulradio mit Radiobeiträgen zum Thema „Stolpersteine“ am diesjährigen TurnOn-Wettbewerb beteiligt. Mit den beiden Hörspielen „Franz Gory Kaufmann – ein Sinti-Musiker überlebt das KZ Sachsenhausen“ und „Familie Kohn – eine jüdische Kaufmannsfamilie in Rosenheim“ hatten wir beim Schulradiowettbewerb des BR (leider schon zum zweiten Mal online statt mit allen Teams im Funkhaus) wieder zwei Beiträge mit Überlänge eingereicht. Eigentlich dürfen die Wettbewerbsbeiträge die Länge von 4 min nicht überschreiten, aber die Geschichte von Franz Gory Kaufmann und der Familie Kohn wollten und konnten wir nicht wirklich kürzen. Die Hörspiele sind als eine Art Audioguide für die Verlegungsstelle der Stolpersteine produziert worden und Gory Kaufmanns Geschichte war schon bei der Verlegung seines Stolpersteins im Juni öffentlich zu hören.
Die Jury finden das Thema so wichtig und gut gemacht, dass sie die Beiträge in ihrem Programm, auf B2 im „Notizbuch“, richtig senden wollen. Der Sendetermin ist noch nicht bekannt, aber wir werden rechtzeitig Bescheid geben, wann wir bayernweit zu hören sein werden. Bis dahin schon mal die Laudatio zum Nachlesen und die Wettbewerbsbeiträge zum Reinhören…
Laudatio – Turn On 2021
Sonderpreis für die Otfried-Preußler Mittelschule in Stephanskirchen
In diesem Jahr feiern wir ein ganz besonderes Jubiläum: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland. Ein guter Anlass, sich mit den vielfältigen Zeugnissen auch vor unserer Haustüre hier in Bayern auseinanderzusetzen. Leider verweisen aber nicht alle dieser Zeugnisse auf ein gemeinsames Miteinander, wie beispielsweise die Aktion Stolpersteine zeigt. Mit diesen kleinen in die Gehwege eingelassen Gedenktafeln soll an das Schicksal vieler Millionen Menschen jüdischen Glaubens und anderer Minderheiten erinnert werden, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, deportiert, vertrieben oder ermordet worden sind.
Die Otfried-Preußler-Mittelschule in Stephanskirchen arbeitet schon länger mit dieser Initiative Stolpersteine in Rosenheim zusammen und hat uns zum wiederholten Male wunderbare Radio-Zeugnisse eingereicht, die wir mit einem Sonderpreis ehren wollen.
Da ist die Geschichte von Franz Gory Kaufmann, einem Sinti-Musiker, der dank seines Geigenspiels den Horror des Konzentrationslagers überlebte.
Euch ist ein vielschichtiger und inhaltsstarker Beitrag gelungen, die Musik, die ja eine zentrale Rolle spielt, habt ihr sehr gut eingebaut – sie nimmt uns als Hörerinnen und Hörer mit. Eure O-Töne, besonders die Interview-Ausschnitte von Frau Kaufmann sind sehr stark und hallen noch lange nach. Das Interview habt Ihr sehr gut geführt – auch wenn Ihr Euch dafür nicht direkt begegnen konntet:
o-ton Ausschnitt Frau Kaufmann (warum lässt du immer die Reste?)
Die Töne hallen noch lange nach und lassen Nähe zu Gory Kaufmann und seiner Familie entstehen. Ihr habt die komplexe Geschichte gut und verständlich aufgebaut. In der Kurzversion sind vielleicht zu viele einzelne Daten zu hören, aber in der Langversion ist das Verhältnis genau richtig. Ihr denkt in Eurem Beitrag auch darüber nach, wie es Frau Kaufmann mit und nach dem Interview geht, dass es sie sehr anstrengen und um den Schlaf bringen könnte. Das ist wichtig – Wahrzunehmen, wie es meinem Gegenüber geht, behutsam vorzugehen und mit Sorgfalt – besonders, wenn man sich nicht wirklich gegenüber sitzen kann für ein Interview.
o-ton Frau Kaufmann (aber es ist mir wichtig)
sagt Frau Kaufmann Euch und Euren Hörerinnen und Hörern. Danke, dass Ihr uns teilhaben lasst.
Und da ist die Geschichte der jüdischen Familie Kohn, die in Rosenheim ein angesehenes Bekleidungsgeschäft geführt hat – bis sie zur Emigration gezwungen wurde.
Umfangreiche Recherche-Arbeiten liegen diesem beeindruckenden Audio-Feature zugrunde – ganz real im Rosenheimer Stadtarchiv, aber auch virtuell via Online-Recherche während des Distanzunterrichts. Aus allen den einzelnen Bausteinen habt ihr das Leben dieser Familie zusammengepuzzelt und dieses dann spannend und lebendig erzählt mittels Musik, Geräuschen oder nachempfundenen Dialogen im Dialekt eurer Region. Toll, wie ihr euch in diese Familiengeschichte eingelebt habt, wie ihr sie uns zum Mit-Erleben aufbereitet habt. Das ist viel eindringlicher als manche Dokumentation. Vor allem der Schluss hat uns in der Jury sehr berührt, als ihr die Namen der einzelnen Familienmitglieder noch einmal verlesen habt – ganz schlicht, ganz unaufgeregt, wissend, dass hinter jedem Namen ein ganzes Leben steckt, eine Geschichte, die ihr so wunderbar aufbereitet habt.
Glückwunsch dazu und zu eurem Preis!
Wir würden uns sehr freuen, beide Beiträge in der Sendung „Notizbuch“ auf Bayern 2 zu senden! Wenn Corona es zulässt, laden wir Euch Macherinnen und Macher dazu gerne zu uns ins BR-Funkhaus ein, sodass Ihr direkt dabei sein könnt.
Wir freuen uns auf Euch!
Alle Beiträge der Simsseewelle zum Nachhören finden Sie hier!