Zwei außergewöhnliche Zeitzeugenberichte aus der 4a

Ein Ereignis, das wohl (hoffentlich) in Stephanskirchen nicht so schnell wieder vorkommt, dokumentierten zwei Schüler aus der Klasse 4a:

Vincent erzählt so:

„Katastrophenalarm in Stephanskirchen

Am 20.2.2018 wunderte sich Vincent über das hohe Polizei-, Feuerwehr-, und Krankenwagenaufgebot in Stephanskirchen.

Zunächst vermutete er eine Übung. Doch dann sagte ihm seine Mutter, dass dort eine Bombe gefunden worden war. Er war starr vor Schreck und dachte sich: „Wie kam so eine Bombe hierher?“ Am nächsten Tag in der Schule sprach keiner von etwas anderem. Danach im Sitzkreis erzählte Louis, dass das eine Fliegerbombe mit 250 kg aus dem zweiten Weltkrieg war. Zwei Klassenmitschüler waren davon betroffen, denn diese wohnten im Filzenweg. Dort wurde die Bombe gefunden. Sie erzählten: „Wir waren gerade daheim, als durch ein Megafon ein Feuerwehrmann sprach, dass wir sofort den Filzenweg verlassen müssten!“ Vincent stellte sich das ganz komisch vor. Die nette Lehrerin erklärte ihnen: „Die zerstörerischen Waffen, die nicht explodieren, nennt man Blindgänger.“ Nach der Schule sah Vincent im Internet nach, ob es Informationen gab. Er war froh, dass die Bombe entschärft wurde und dachte daran, wie es wohl damals war, als Stephanskirchen bombadiert wurde.“

 

Marie hat dieselbe Geschichte ganz anders erlebt:

„ Katastrophenalarm in Stephanskirchen

Am 20.3.2018 wurde eine Fliegerbombe gefunden. Ich war in der Arche, als meine Mama mich abholte. Sie hat mir erzählt, dass im Filzenweg bei den Flüchtlingshäusern eine Bombe gefunden wurde. Die Bombe haben Bauarbeiter beim Baggern gefunden. Sofort kamen Polizei, Krankenwagen und Feuerwehr. Die Menschen, die da wohnen, mussten zu Verwandten oder wurden in die kleine Turnhalle geschickt. Ich hatte schreckliche Angst, dass in wenigen Minuten die Bombe losgehen würde, dass wir sterben müssen oder dass unser Haus zerstört wird. Die Polizisten hatten die Straße gesperrt. Sie beschlossen, die Bombe zu entschärfen. Als ich das gehört habe, habe ich gedacht, dass gleich die Welt untergeht. Die Bombe war 250 kg schwer. Zum Glück war es eine von den kleinen Bomben. Um 16.30 Uhr wurde die Bombe von einem Feuerwehrkollegen entschärft. In diesem Augenblick waren alle voll Furcht. Die Leute konnten schließlich wieder in ihre Häuser. Doch auf einmal sah ein Mensch, dass sein Haus einen Riss hatte. Er ging zu dem Polizisten und sagte: „Da ist ein Riss in meinem Haus!“ Der Polizist antwortete: „ Der Riss war davor auch schon da!“ Die Leute waren erleichtert. Jetzt müssen sie sich keine Sorgen mehr machen.“

Es gab noch weit mehr lesenswerte Geschichten zu diesem Thema in der 4a. Einige hatten Angst um ihre Freunde, die im Filzenweg wohnten. Wenn man bedenkt, dass die Bedrohung immer noch in der Erde direkt neben uns schlummerte, obwohl schon  viel Zeit schon seit dem zweiten Weltkrieg vergangen ist, wenn man weiß, wie viel inzwischen geschehen ist, und was gerade wieder in der Welt passiert, ist man vielleicht dazu berechtigt,  den Frieden und die Demokratie wieder mehr Wert zu schätzen. Wenn auch heute noch eine Bombe aus dem zweiten Weltkrieg bei den Kindern in Stephanskirchen Angst und Schrecken auslöst, wie diese beiden Zeitzeugnisse oben beweisen, dann sollten wir Erwachsenen, Eltern, Politiker und alle, die zum Vorbild der Kinder werden könnten, um unserer Kinder willen sich dafür einsetzen, dass Begriffe wie Toleranz und Friedfertigkeit wieder mit Inhalten gefüllt werden, dass wir wieder „mehr Demokratie wagen“ (Willi Brandt) dürfen!

Renate Penninger